Über die künstlerische Arbeit von Reiner Strasser


von Stefanie Blumenbecker M.A.

Reiner Strasser lotet in seiner Arbeit die unfassbaren Bilder der Erinnerung und Vergangenheit aus und befasst sich mit der Auflösung von Raum und Zeit.
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Beginnen wir mit den Arbeiten von Reiner Strasser: Neben den Bildern und Foliendrucken, die in der Ausstellung zu sehen sind, gibt es einen Rechner, der es dem Betrachter ermöglicht, Einblick in seine Internet-Kunst zu nehmen. Mehrere Projekte sind darauf zugänglich, jedes ermöglicht es dem Betrachter interaktiv Bilder aufzurufen, zu verändern, neu zu gestalten. Durch Anklicken von bestimmten Feldern erscheinen und teilweise verblassen Impressionen von Landschaften, Städten, Menschen, Situationen. Dabei überlagern sich die erscheinenden Bildelemente collagenartig, teilweise werden sie durch kurze Texte ergänzt.

Auffallend sind die Muster, die als Punkte oder Raster Hintergründe bilden, vor denen sich einzelne Motive entfalten. Es entstehen Überlagerungen, durchscheinende und sich verändernde, bewegende Bilderwelten. Reiner Strasser hat bereits 1996 mit der Erstellung von Web-Art / Internet-Kunst begonnen und gilt damit als einer der Pioniere dieses neuen Mediums. Viele seiner Projekt sind aus einer internationalen Kooperation entstanden.

Ein wiederkehrendes Thema bei Reiner Strasser ist Erinnerung, in ihrer Unfassbarkeit und Veränderlichkeit. Sowohl bei seiner virtuellen Arbeit „in the white darkness", als auch bei der aktuellen Serie „Childhood Memories" spielt das eine Rolle. „In the white darkness" verweist auf die zunehmende Einschränkung und Verselbstständigung der Erinnerung im Zuge einer Demenz- Erkrankung. Zwar sind einzelne Bilder aufrufbar, sie verblassen aber unaufhaltsam wieder.

Auch bei „Childhood Memories" sind Erinnerungen das beherrschende Thema. In dieser sehr persönlichen Serie tauchen Spielsachen, aber auch Figuren aus Comics auf, die in eine Kinderwelt der 50er/60er Jahre hineinführen. Bekannte Figuren aus der Bilderwelt der Kinderbücher oder der Warenwelt des Wirtschaftswunder finden sich neben einem alten, aber verfremdeten Portraits des Künstlers selbst. Die Motive werden auf Mustern montiert, die keine Verortung in Raum und Zeit zulassen. Dabei wandeln sich die Punkte, die bereits in der Virtual Reality verwendet wurden, nach und nach in Tapetenmuster, die Ahnungen an Wohnzimmer oder andere Räume einer kindlichen Umgebung hervorrufen. Die Serie ist gekennzeichnet von einem liebevollen und humorvollen Blick auf die vergangene Kinderzeit. Gleichzeitig haben die Bilder eine Leichtigkeit, die Figuren scheinen zu schweben, schaukelnde Mädchen befinden sich zwischen Himmel und Erde.


Text entnommen aus der Einführung durch Stefanie Blumenbecker M.A. in die Gemeinschaftsausstellung "Neu im BBK" des BBK Wiesbaden e.V., Rathaus Wiesbaden, 19.01.2018.


About Reiner Strasser's Web Art projects


by Jim Andrews

Reiner Strasser is known for his work as both a web.artist and an organizer/curator of web.art projects. Since 1996, Strasser has created a large and significant body of web.art, often in collaboration with other artists.

The primary site for Reiner's work is netartefact.de. The work is varied technologically from masterful Javascript through Quicktime and Flash work. In it, we see a recurring concern with connecting web.art with nature and the natural. This is an ambitious project with generosity of spirit, and no mean feat, given the artificiality/virtuality of the Web.

Compare the concern with nature in Strasser's work with Stanza's approach, for instance. Stanza's work focusses on the urban, thematically, and the look of the work is highly digital. The 'natural' seems somewhat out of place in the digital, often, but Strasser's work has dealt with this issue better than most.
We also see in Strasser's work a synthesis of the literary, the photographic, video, and the interactive. Additionally, we see many fruitful collaborative works with other Web.artists around the world.

This aspect of global collaboration and working together is surely a strong element of web.art itself, and is well-realized in Strasser's work.
He curated the Weak Blood project [artists against war and violence, 1999], which involved work from many different countries. […] Weak Blood was written about in The New York Times and some of the work was shown at the Metropolitan Art Museum in Tokyo. But primarily, it was an international web.art project. He also curated the more recent Project Hope.

Strasser's work is particularly well-known and regarded by the visual poets of the Web, and it is indeed highly poetical work, fluid, articulate, visually striking, and lyrically meditative in ways specific to a new art. And the choices and decisions he offers those who experience his work draw the wreader into a thinking through his carefully realized art.


Published as an introduction to an interview of Jim Andrews with Reiner Strasser at WebArtists Profiles, turbulence.org, New York City, USA, May 2002.